Ich bin Tilli.
Geboren und aufgewachsen bin ich in Botosani, einer Stadt weit im Osten Rumäniens.
An meine Mutter und meine Geschwister kann ich mich nicht mehr so genau erinnern, es ist schon so viele Jahre her, aber trotzdem sind mir einige Dinge von damals in Erinnerung geblieben.
Ich lebte die ersten Monate in den Straßen von Botosani mit vielen anderen Hunden zusammen. Unser Leben bestand darin, irgendetwas zum Fressen zu finden, mit Kumpels zu spielen und einen guten Schlafplatz für die Nacht zu ergattern und wenn nötig auch zu verteidigen.
Gefahren lauerten überall. Da waren andere Hunde, älter als ich, die uns Kleinen sehr schnell zu verstehen gaben, wer das Sagen hatte. Also ich musste schon aufpassen, mit wem ich mich einließ und um wen ich einen Bogen machen sollte. Am Schlimmsten waren die Zweibeiner, von denen es so viele gab. Vor denen musste man sich höllisch in Acht nehmen.
Wir waren bei den meisten nicht willkommen und wurden, sobald wir auftauchten, mit lauten Geschrei, Stangen und Besen vertrieben. Die meiste Angst hatte ich vor den männlichen Zweibeinern. Während die weiblichen Zweibeiner ab und zu ein freundliches Wort und ein Stückchen Brot oder Knochen für mich übrig hatten, waren diese großen, starken Zweibeiner mit den tiefen Stimmen furchteinflößend.
Allzu oft haben sie meine Kumpels, die nicht so schnell entkommen konnten schwer verletzt, totgeschlagen oder sie haben sie einfach mitgenommen und ich sah sie nie wieder.
Auch ich bin eines Tages nicht schnell genug gewesen. Ich hörte rings um mich herum nur laute Rufe, Angst und Schmerzensschreie meiner Kumpels und plötzlich kam etwas großes Schwarzes auf mich herab, es wurde dunkel, ich konnte mich nicht mehr bewegen und wurde irgendwo hineingeschoben und dann setze sich irgendetwas in Bewegung.
Es kam mir unendlich lang vor und ich hatte solch eine Angst. Ich war allein.
Irgendwann packte mich jemand und steckte mich in einen Käfig. Das war meine Ankunft im Shelter Botosani, ein Shelter mit über 900 anderen Hunden. Es war laut, schmutzig und kalt. Ab und zu kamen Zweibeiner vorbei brachten Futter und wenn man Glück hatte, kam auch eine streichelnde Hand durch die Gitterstäbe. Aber das war selten bei so vielen Hunden.
So muss ich dort wohl einige Monate verbracht haben, ich weiß es nicht mehr so genau, es kam mir aber wie eine Ewigkeit vor. Nachts rollte ich mich ein, wickelte mir meinen Schwanz um die Nase und träumte von meiner Mama und meinen Geschwistern.
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