Von Grennwood Lake wollten wir eigentlich weiter Richtung Bear Mountain laufen, doch der zweibeinige Jim vom Lake Lodging riet uns davon ab. Die heftigen Regenmassen, die in den letzten Wochen im Bundesstaat New York runter kamen, haben viele Straßen unpassierbar gemacht und große Teile des Trails überflutet. Wir hätten wieder Wasserpfade durchqueren und Umwege in Kauf nehmen müssen. Ich bin ja nicht so zimperlich, aber überflutete Wege, bei denen ich nicht weiß, auf was ich trete mag ich dann doch nicht so gerne. Mein Lieblingsmensch hatte wohl die gleichen Sorgen um mich. Wer weiß, was für eine Schlange im Untergrund auf mich wartet und zubeißt. Aufgeweichte Pfoten sind auch ein Problem und wer weiß, ob die Sohlen an den Schuhen meines Lieblingsmenschen dann vielleicht vollständig verschwunden wären.
Wir sind also mit dem Auto gefahren, zusammen mit Buffalo, einem anderen zweibeinigen Hiker, mit dem wir am Vorabend gegrillt hatten.
50 Kilometer weiter kurz vor dem Hudson River ging es dann auf Pfoten wieder weiter.
Bear Mountain Bridge
Bei schönen Wetter und klarer Sicht hätten wir bei der Überquerung des Hudson Rivers sogar die New Yorker Skyline sehen können, aber das war leider nicht der Fall.
Manchmal, wenn auch selten, führt der Trail direkt an einer kleinen Raststätte vorbei, was natürlich sofort zum Ausruhen, Essen, Trinken, Kleinigkeiten für unterwegs kaufen und Handys aufladen genutzt wird. Während mein Lieblingsmensch den Hunger stillt, nutze ich die Gelegenheit nichts zu tun.
Nach der Pause ging es dann weiter. Auf dem Gelände eines Baseballplatzes gab es dann die nächste Zeltmöglichkeit, sogar mit einer Dusche mit kalten Wasser. Mir sollte es egal sein, denn ich brauche sowas nicht. Es hat schon seine Vorteile, kein Zweibeiner zu sein.
Auf unserem Weg tags darauf zum Canopus Beach Shelter hatten wir Glück. Der Weg war wieder einmal sehr steinig und mit vielen steilen Abschnitten. Nach 15 Kilometern machten wir eine Pause auf einem Parkplatz, um danach weitere 9 Kilometer mit den gleichen Schwierigkeiten zu meistern.
Wir saßen kaum, als ein zweibeiniger Parkranger mit seinem Pickup auf den Platz fuhr, ausstieg und meinen Lieblingsmenschen fragte, wie es uns geht und wo wir hinwollten. " Zum Canopus Beach?" Ja da müsse er auch gleich hin, ob wir denn nicht mitfahren wollten. Kann man so ein Angebot ablehnen? 4 Stunden laufen oder eine kurze Autofahrt?
Klar sind wir mitgefahren! Der nette Ranger hat uns bis zum Shelter gebracht und so waren wir eine der ersten dort am frühen Nachmittag.
So konnte mein Lieblingsmensch in Ruhe das Zelt aufbauen und dann mit mir zusammen zum Strand und zum Strandimbiss gehen.
Ich genoss die so gewonnene Zeit zum dösen im Schatten und mich von anderen Hikern kraulen zu lassen.
Mein Lieblingsmensch ist sogar im See schwimmen gewesen. Badesachen hatte sie ja irgendwie schon an. Die Kleidung, die man zum Laufen benutzt und zum Schlafen kann man auch im Wasser nutzen. Ich habe schließlich auch kein Fell zum Wechseln.
Unser nächste Übernachtungsmöglichkeit lag direkt auf dem Grundstück einer Pizzeria, was den zweibeinigen Hikern die Gelegenheit gab, ihren Hunger mit andere Dingen zu stillen als mit den üblichen Trockenfutter aus der Tüte.
An uns vierbeinigen Hikern wurde mal wieder nicht gedacht, obwohl auch wir uns über ein bisschen mehr Abwechslung freuen würden.
Das ist Stevie, er ist taub, aber ein netter Kumpel, der mir nun schön öfters über den Trail gelaufen ist.
Jede Gelegenheit wird genutzt, um Handy und Powerbank aufzuladen.
Auch solche Zweibeiner gibt es!
Wenn es auf dem Weg hier her schon viele Mücken gab, die mein Lieblingsmensch nur mit Mückenspray abwehren konnte, liefen wir jetzt durch feuchte Wiesen und Sumpfgebiete, dass selbst das Einsprühen nicht mehr viel half und eine Pause zum Ausruhen wegen der Blutsauger nicht mehr möglich war.
Es gibt sogar Züge, mit denen man fahren kann. Sehr selten, aber es gibt sie! Wann der nächste Zug hier halten würde war jedoch nicht ersichtlich.
Also nichts mit New York, sondern weiter laufen und klettern.
Der erste Kletterübergang war für mich noch recht einfach, beim zweiten war die Leiter so steil, dass ich fast runter gefallen wäre und beim dritten fehlten Sprossen und mein Lieblingsmensch musste mit mir auf dem Arm rüberklettern. Das fand ich ja nun ganz blöd und wäre es nach mir gegangen, wären wir einfach zurück gelaufen, aber mein Lieblingsmensch meinte, da müssten wir irgendwie durch.
Ja und gemeinsam haben wir es dann geschafft!
Hier gab es wohl mal eine Brücke, die jedoch vom Sturm zerstört wurde und so mussten wir halt ohne Brücke zum anderen Ufer gelangen.
Weiter ging es dann bis zum kleinen Städtchen Kent im Bundesstaat Connecticut, in dem mein Lieblingsmensch sich endlich neue Schuhe kaufen wollte. Nun hatte der Schuhladen jedoch montags geschlossen, so dass wir am nächsten Tag nochmal kommen mussten.
Wir verbrachten den Nachmittag zum Futternachschub besorgen, in der Sonne schlummern und alle elektronischen Geräte aufladen, ohne die Zweibeiner scheinbar sehr hilflos sind.
Beim Visitorcenter hätte mein Lieblingsmensch auch duschen können, aber die funktionierte bei ihr nicht.
Dann ging es zum Trail zurück, ein kurzes Stück steil den Berg hinauf zum Shelter und am nächsten Morgen zurück zum Schuhgeschäft.
Die neuen Schuhe wurden dann gleich am selben Tag erstmal mit Wasser gefüllt bei der Flussüberquerung und dann kam noch ein Gewitter mit soviel Regen am Nachmittag, dass an uns nichts mehr trocken blieb. Am Wegesrand warteten wir unter dem großen Regencape das Gewitter ab und liefen dann bis zum nächsten Zeltplatz. Zum Glück war es im Zelt nachher trocken und mein Fell bis zum nächsten Morgen auch. Das Ersatzfell meines Lieblingsmenschen nicht und sie zog es nass wieder an. Was sollte sie auch anderes tun? Bei Zweibeinern sind viele Dinge sehr unpraktisch finde ich.
Müde und von Mücken zerbissen, ich wohl weniger als mein Lieblingsmensch, erreichten wir den übernächsten Tag Salisbury in Connecticut und konnten unser Zelt im Garten eines kleinen Hostels aufstellen.
Von netten Amerikanern, schlammigen Pfaden und der Haltbarkeit einer Hikerausrüstung erzähle ich euch beim nächsten Mal.
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