Es wird gesagt, wer einmal den Appalachian Trail gegangen ist, den lässt der Trail nicht mehr los. Er brennt sich ein in deine Seele, wird ein Stück von dir selbst und die Sehnsucht nach seinen Bergen, der Wildnis und Freiheit, losgelöst von Alltagszwängen bleibt für immer.
Wenn ich zurückblicke, zurück auf die letzten Monate kann ich das nur bestätigen.
Was nehme ich mit?
Es ist meine erste Reise in die USA, meine erste Wandertour dieser Art, ein erstes Mal nur ich und Tilli.
Was bleibt?
Bleiben werden die Menschen, denen ich auf meiner Wanderung begegnet bin.
Wer waren diese Menschen?
Keith begegnete ich in Delaware in Pennsylvania im Hostel der Kirche und als wir Hiker dort zum Abendessen eingeladen wurden. Er erzählte mir von seinen Wanderungen auf dem Appalachian Trail, von seinen Wanderungen mit Hund und dass es ihm schwerfällt jetzt, nachdem sein Hund gestorben ist wieder loszulaufen.
Keith fuhr mich und Tilli am selben Abend noch zu Walmart, um Hundefutter zu kaufen, was ich super nett von ihm fand.
Durch seine Hilfe konnte ich ja letztendlich mit Hundebox und Ticket nach Hause fliegen.
Bear traf ich auf dem Weg nach Manchester, als ich an einem Shelter eine Pause einlegte.
Er kommt aus Pennsylvania und lebt dort mit seinen drei Katzen zusammen.
Bear durchwanderte den Trail im letzten Jahr und ist seitdem immer wieder abschnittsweise unterwegs. Wenn seine Katzen nicht wären würde er nur noch auf Wanderschaft sein.
Bear fischt auch gerne, möglichst Fische, die von der Größe her in seine kleine Bratpfanne passen und beim durchbraten nicht zu viel Gas verbrauchen.
Wir waren drei Tage gemeinsam unterwegs und verbrachten eine lustige und entspannte Zeit miteinander. Er gab mir wertvolle Tips über den Wanderweg und empfehlenswerten Hostels.
Ein liebenswerter Mensch, der mir bis zum Schluss hilfreich zur Seite stand.
Olaf ist 86! Ich lernte ihn kennen, als ich einen Transfer zum Hostel in Salisbury brauchte und er Tilli und mich mitnahm.
Er wohnte unweit vom Hostel entfernt und sagte er würde sich freuen, wenn ich vorbeikommen würde.
Olaf erinnerte mich bei meinem ersten Besuch ein bisschen an Petterson mit seinem Findus. Vor seiner Verandatür lag schnurrend eine Katze in der Sonne, natürlich nur solange bis Tilli auftauchte und zeigte, was sie von Katzen hält.
Wir tranken Tee zusammen und er erzählte mir von seiner verstorbenen Frau, seinen Kindern und sogar über die politischen Verhältnisse in seinem Land, was recht ungewöhnlich war.
Ein wirklich wunderbarer und liebenswerter Mensch!
Und nicht zu vergessen, die vielen anderen zauberhaften Begegnungen, die mich und Tilli ein Stück unseres Weges begleitet haben.
Was bleibt? Was bleibt von den Monaten gemeinsam mit Tilli? Die Nächte im Zelt, die Tagesmärsche, die Pausen, das Teilen von Proviant, das Miteinander und Rücksichtsnahme.
Die Dankbarkeit, Tilli an meiner Seite zu haben, die mit solch einer Selbstverständlichkeit die unsichtbaren Pfade entlang lief, Felsen erklomm und mir den Weg zeigte und ich ihr im Vertrauen folgte
Was nehme ich mit? Die Stille an den Plätzen, wo ich mein Zelt zum Übernachten aufstellte, nur Tilli und ich und die Natur um uns herum.
Das Gefühl der Zufriedenheit, am Ende des Tages mit einer Tasse Tee vor dem Zelt zu sitzen und genussvoll den Schokoriegel zu essen, auf den ich mich den ganzen Tag über gefreut habe.
Die Kostbarkeit des Wassers, welches ich teilweise kilometerweit mit mir trug und damit später meine Suppe kochte.
Weit entfernt von Stress und Streitigkeiten, entfernt von Alltagssorgen und täglicher Routine.
Einfach mal die Seele baumeln zu lassen, den eigenen Gedanken Platz geben und innere Ruhe finden.
Die Dankbarkeit zu wissen, nicht alleine zu sein, eine Familie zu haben und Freunde, die in Gedanken mit auf meiner Reise sind und zu Hause auf mich warten.
Danke Marion
Danke Birgit
Und Danke an meinen Lieblingsmenschen, ohne den ich die Reise gar nicht hätte machen können. Mein Lieblingsmensch, der zu Hause die Stellung hielt und sich um Haus und Hof, um die Kaninchen und Schildkröten und um Lars und Ole kümmerte.
Und natürlich Tilli
....ein Geschenk des Himmels!
Was ist noch zu sagen?
Meine Reise entsprungen aus einem verrückten Gedanken einmal etwas zu machen, was ich vorher noch nie getan habe. Einfach so bevor ich zu alt dafür bin.
Meine Vorbereitungen beschränkten sich hauptsächlich auf den sportlichen Teil und auf die nötige Ausrüstung. Informationen über den Trail und das Appalachen Gebirge gerieten dabei in den Hintergrund. Ich las zwei Reiseberichte und sah den Film "Picknick mit Bären " von Bill Bryson, das war alles.
Tilli konnte ich auf das, was kommt auch nicht vorbereiten. Hier gibt es keine Berge und Zeit für stundenlange Tagesmärsche auch nicht.
Aber vielleicht ist es das, was den Reiz ausmacht, die Neugier weckt, Unbekanntes zu entdecken.
Das Leben ist nicht planbar genauso wenig wie meine Wanderung durch vierzehn Bundesstaaten, von Georgia bis Maine.
Was würde ich beim nächsten mal anders machen? Wahrscheinlich einen anderen Rucksack mitnehmen, mit dem ich besser klettern kann, einen internationalen Führerschein und eine zweite Kreditkarte. Aber sonst?
Wir sind durch Matsch und Regen gelaufen, haben zu zweit unter meinem großen, roten Regencape Schutz gesucht vor Gewitterstürmen.
Sind oft bis auf die Haut nass geworden, manchmal fast zerflossen vor Hitze.
Haben Wasser aus Flüssen, Seen und Bächen getrunken. Grünes Wasser, oranges Wasser, klares Wasser, manchmal schmeckte es gut, manchmal sehr modrig und schlammig.
Haben uns die Mücken, Zecken und Hundehaare geteilt, Schwarzbär und Klapperschlange erfolgreich in die Flucht geschlagen und sind gesund wieder nach Hause gekommen.
Was wollen Hund und Mensch mehr?
Wir zögern viel zu oft im Leben, hindern uns selbst an den "Wenn" und "Aber" Dinge einfach zu tun, die uns glücklich machen.
Manchmal müssen wir einfach nur loslaufen
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